Erika Fuchs
Disneys deutsche Übersetzerin

Der Witz der Texte besteht ja aus Redensarten, die in Amerika besonders beliebt sind... Darüber lacht man dort. Darüber kann man aber hier nicht lachen. Man muss es eben so übersetzen, dass der Leser hier dasselbe Vergnügen daran hat wie der in Amerika und das bedeutet eben sehr frei übersetzen. - Erika Fuchs

Dr. Erika FuchsErika Fuchs hat über dreißig Jahre sämtliche Duck-Comics, die im Ehapa Verlag erschienen, ins Deutsche übertragen. Insbesondere mit der Kombination aus Barks-Story und Fuchs-Text erreichte die deutsche Comic-Kultur ein nie zuvor dagewesenes und immer noch unerreichtes Niveau. Die Texte von Erika Fuchs haben maßgeblich zur Etablierung des Comics gegen sein Image als "Schundliteratur" beigetragen, und ihre Sprache, die Sprache der Ducks, hat die Entwicklung der deutschen Sprache nach dem Krieg entscheidend geprägt. Viele ihrer Sprachschöpfungen sind schon lange in den Alltagswortschatz eingegangen.

Erika Fuchs wurde am 7. Dezember 1906 als Erika Petri in Rostock als zweites von fünf Kindern geboren. Ihr Vater, August Petri, war Direktor eines Elektrizitätswerkes, ihre Mutter, Auguste Petri, war ausgebildete Sängerin und examinierte Lehrerin. Kurz nach ihrer Geburt zog die Familie nach Reichenbach in Schlesien; im Jahre 1912 erfolgte der Umzug nach Belgard in Hinterpommern, wo sie ihre Schulzeit verbrachte. 1913 kam sie auf die Höhere Töchterschule,Erika Fuchs im Jahr 1933 und 1921 gelang es ihr zusammen mit einer Freundin auf das städtische Knabengymnasium aufgenommen zu werden, was zur damaligen Zeit extra eines Stadtratsbeschlusses bedurfte.

Im Jahre 1926, gleich nach dem Abitur, ging Erika Fuchs nach Lausanne, um Kunstgeschichte zu studieren. Zwei Semester lang studierte sie auch in London, um dann im Winter 1931/32 ihr Examen in München abzulegen. 1935 promovierte sie mit einer Arbeit über den Rokoko-Stukkateur Johann Michael Feichtmeyr. 1932 heiratete sie Günther Fuchs, ein Fabrikant und Erfinder, und zog zu ihm in den kleinen Industrieort Schwarzenbach a. d. Saale in Oberfranken. 1934 wurde ihr erster Sohn geboren, 1938 kam der zweite Sohn zur Welt.

Nach Kriegsende engagierte sich Erika Fuchs zuerst in der Schwarzenbacher Elternvereinigung und trug zur Gründung einer Schule am Ort bei. Nachdem das Älteste ihrer Kinder aus dem Haus war, suchte sie nach einer neuen Tätigkeit und begann, als freie Mitarbeiterin bei Reader's Digest Artikel und Kurzgeschichten zu übersetzen. Als sie dann eines Tages im Jahr 1951 wieder einmal nach Stuttgart, der Zentrale von Reader's Digest, fuhr, um nach neuen Aufträgen zu fragen, wurde sie ohne viel Aufhebens zur Chefredakteurin des neugegründeten Comicmagazins "Micky Maus" gemacht, was sie nicht zuletzt ihrem Doktortitel zu verdanken hatte.

Im Jahre 1951 nämlich hat die dänische Gutenberghus-Gruppe, die mit der Publikation von Disney-Material schon länger Erfahrung hatte, in Stuttgart den Ehapa-Verlag gegründet. Mit Reader's Digest wurde Micky Maus Nr.1 vom September 1951anfangs sowohl der Vertrieb als auch Büro und Mitarbeiter geteilt. So also übernahm Erika Fuchs künftig die Übersetzungsarbeiten für sämtliche in der "Micky Maus" und in den "Tollsten Geschichten mit Donald Duck" erscheinenden Geschichten, obwohl sie dem in Deutschland noch neuen Medium "Comic" anfangs eher skeptisch gegenüberstand.

Über die Merkmale Fuchs'scher Übersetzungen schreibt Andreas Platthaus: "Die Stärke ihrer Übersetzungen liegt vor allem in deren Unabhängigkeit vom Original. Nicht nur für die Vielzahl unübersetzbarer amerikanischer Wortspiele und Redensarten fand sie adäquate Formulierungen, sondern sie bemühte sich auch ständig um allgemeine Verbesserung der Sprechblasendialoge. (...) Viele ihrer Sprachschöpfungen sind mittlerweile in den Alltagswortschatz eingegangen; das berühmteste Beispiel ist ihre Sentenz 'Dem Ingeniör ist nichts zu schwör'. Aber auch die Substantivierung von Verbstämmen, um Geräusche auszudrücken ('Schmatz', 'Plumps'), ist erst durch Dem Ingeniör ist nichts zu schwör!ihre Übersetzungen in die deutsche Sprache eingedrungen. Prägend für Fuchs' Stil war jedoch vor allem ihre Fähigkeit, unterschiedliche Charaktere durch spezifische Sprache zu kennzeichnen. Dagobert Duck ... spricht ein sehr gewähltes, altertümliches Deutsch. (…) Donald bemüht sich um korrekte Sprache (und hebt sein lädiertes Selbstwertgefühl häufig durch übertrieben hochgestochene Redeweise, d. Verf.), während die Kinder Tick, Trick und Track den jeweils aktuellen Jugendjargon pflegen. (...) Ansonsten speisen sich Fuchs' Texte aus dem Bildungsschatz des deutschenErika Fuchs Bürgertums. Schiller, Goethe, Shakespeare, Uhland und Keller finden mittels Zitat ebenso Verwendung wie Richard Wagner oder Heinrich Heine. (...) Neben den Klassikerzitaten verballhornte Fuchs in ihren Texten aber auch Produkte der Populärkultur der Gegenwart."

Bis in die frühen siebziger Jahre übersetzte Erika Fuchs fast alle Disney-Comics im Ehapa-Verlag, später bearbeitete sie, hauptsächlich aufgrund von stärker werdenden Sehproblemen, nur noch die Micky Maus-Auftaktgeschichten und längere Donald Duck-Fortsetzungsgeschichten. 1988 schließlich übergab sie die Chefredaktion an ihre Nachfolgerin Dorit Kinkel. Seit den neunziger Jahren hat sie mehrere Ehrungen erhalten (1994 etwa den Kulturpreis "Morenhovener Lupe"), und auch übersetzerisch ist sie noch einmal aktiv geworden: Speziell für die "Ehapa Barks Library" hat sie die letzten unübersetzten Barks-Geschichten und einige bei der Erstveröffentlichung gekürzten Stellen ins Deutsche übertragen. Am 22. April 2005 ist sie verstorben...