Donald Duck

Heut morgen ist mir die Zunge in den Rührfix gekommen, gestern Abend ist mir das Seifenpulver in die Rühreier gefallen und vorgestern ... na ja! - Donald Duck

Wie im Falle seiner Verwandten wissen wir praktisch nichts über Donald Ducks Herkunft, seine Jugend, seine Erziehung usw. Dafür aber wissen wir dank Carl Barks um so mehr über das gegenwärtige Leben von Herrn Duck, der gewissermaßen im Zentrum der Berichterstattung aus Entenhausen steht. Dort lebt er als Junggeselle zusammen mit seinen drei kleinen Neffen Tick, Trick und Track, die einst seiner Obhut anvertraut wurden und für die er seitdem das Sorgerecht innehat. Er empfindet eine starke Zuneigung zu seiner Kusine Daisy Duck, seine wiederholten Anbahnungsversuche sind jedoch meist nicht von Erfolg gekrönt.

Donald Duck hat einen überaus aufbrausenden Charakter, er ist über die Maßen cholerisch und jähzornig und neigt bisweilen zu unkontrollierten Wutausbrüchen. Häufig gerät er mit seinen Mitmenschen aneinander - seien es seine Nachbarn, sein Vetter Gustav Gans (sein Konkurrent beim Buhlen um die Gunst Daisy Ducks) oder - der bei weitem häufigste Fall - seine drei Neffen, die ihm geistig eindeutig überlegen sind, was seine Wut meist noch mehr steigert. Denn Herr Duck neigt dazu - ein zweiter Charakterzug - sich selbst zu überschätzen und die Grenzen seiner Fähigkeiten nicht zur Kenntnis zu nehmen. Dies äußert sich in einer im Ganzen als unangenehm zu bezeichnenden, häufig großspurigen und kraftmeierischen Angeberei, die ihn immer wieder dazu treibt, sich mit anderen messen zu müssen - um am Schluss freilich schmerzhaft auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen zu werden! Es sind so vor allem Situationen, in denen er sich herausgefordert fühlt, er gereizt wird oder sein Selbstwertgefühl beschädigt wird, in denen sich seine jähzornig-aufbrausende Art zeigt.

Eine dritte Auffälligkeit an Donald Ducks Wesen ist sein notorisches Pech (s. obiges Eingangszitat), das ihn in vielen Situationen - oftmals auch kurz vor dem Ziel bzw. Erfolg - letztlich immer wieder den Kürzeren ziehen lässt. Es ist um so schmerzlicher für Herrn Duck, dass sein großes Pech kontrastiert wird von dem unwahrscheinlichen Glück seines Vetters Gustav Gans, den er - gegen alle Einsicht - wieder und wieder herauszufordern geneigt ist. - Mit seinem notorischen Pech einhergehend ist seine andauernde Erfolglosigkeit: "Unser Onkel wird es nie zu etwas bringen", klagen seine Neffen. Herr Duck schlägt sich nur mit Mühe durchs Leben und ist von ständigen Geldsorgen geplagt. Er übt keinen geregelten Beruf aus, sondern hält sich mit verschiedensten Tätigkeiten über Wasser; wenn er eine Stelle hat, dann meist nur für kurze Zeit. Geschuldet ist dies nicht so sehr seinem mangelnden Talent oder seiner (auch vorhandenen) Faulheit, sondern auch hier eher seinem Pech; oftmals auch seiner Halsstarrigkeit. Die Menge seiner beruflichen Tätigkeiten ist nahezu unüberschaubar: Bademeister, Bäcker, Feuerwehrmann, Forstarbeiter, Hundefänger, Makler, Milchmann, Nachtwächter, Postbote, Schmied, Schulpolizist, Straßenfeger - um nur einige zu nennen! Auch verpflichtet sein reicher Onkel Dagobert Duck ihn häufig - die Notsituation von Herrn Duck ausnutzend -, zu Hungerlöhnen für ihn zu arbeiten (sei es als Geldeintreiber, als Begleitung auf ausgedehnten Expeditionen und Geschäftsreisen oder als professioneller "Jammerer", der seinem Onkel das Sorgenmachen abnimmt, damit dieser sich um wichtigere geschäftliche Dinge kümmern kann...).

Doch ist dies alles nur die eine Seite! Donald Duck wäre als Charakter bei weitem nicht so interessant und Gegenstand intensivster donaldistischer Forschung, wenn er sich nur auf diese eindimensionalen Wesenszüge reduzieren ließe. Vielmehr weist er einen komplexen, bisweilen widersprüchlichen Charakter auf, der aus lauter Dichotomien aufgebaut zu sein scheint: Herr Duck kann einerseits, wie geschildert, sehr jähzornig sein, ein geborener Verlierer, angeberisch, feige und ängstlich - andererseits präsentiert er sich nicht selten als abenteuerlustig und mutig, ist eine Kämpfernatur und lässt sich nicht unterkriegen; er zeigt sich als Alleskönner und in vielen Berufen als wahrer Meister seines Fachs: Er reüssierte versiert z.B. als Abbruchunternehmer, Friseur, Glaser, Regenmacher und Transportunternehmer (dass er freilich auch in diesen Berufen letztlich doch scheiterte, liegt, wie gesagt, vor allem in seinem Pech begründet...).

Herr Duck erweist sich in vielen Situationen als erstaunlich vielseitig: Er kann Flugzeuge, Schiffe und Unterseebote begnadet steuern, auch als Hundeschlittenführer, Expeditionsleiter und vielem anderen zeigt sich sein können. Auch ist er, jenseits seiner temporären und spontanen Zornausbrüche, seinen anvertrauten Neffen ein verantwortungsbewusster und fürsorgender (Ersatz)Vater - missraten sind seine Neffen jedenfalls nicht. Wenngleich er auch bisweilen etwas faul ist, so gilt es doch zu berücksichtigen, dass er sich immer wieder aufrafft, jedwede sich bietende Arbeit anzunehmen, um die Familie zu ernähren. Hunger leidet im Hause Duck niemand - im Gegenteil, trotz der erwähnten Geldsorgen (... wer hat die nicht?) hat er es doch zu einem bescheidenden (mittelständischen) Wohlstand gebracht: Donald Duck wohnt in einem Eigenheim mit Garten (häufig gar in attraktiver Flusslage), kann sich häufige Wohnsitzwechsel leisten und besitzt ein eigenes Auto (in rot, Kennzeichen "313"). Das Geld, so ist zu vermuten, dürfte weniger aus Arbeitslohn stammen, als vielmehr aus nicht-beruflichen Quellen: Fundsachen, Belohnungen, Gewinne...

Henner Löffler fasst seine Betrachtungen über Donald Duck so zusammen: "Donald ist ... das Gleichnis für das ewige Versagen, auch bei kleinen Aufgaben. Er ist ein Sisyphos mit einem leichten Stein. Ebenso ist er aber auch ein Gleichnis für den kleinen Mann, der es immer wieder versucht und sich zwar einschüchtern, aber nicht abschrecken lässt."

Donald Duck ist der Neffe von Dagobert Duck und Dorette Duck, der Cousin von Daisy Duck, der Vetter von Gustav Gans und der Onkel von Tick, Trick und Track Duck.


Donald Ducks Name wird erstmals 1931 in einem Bilderbuch erwähnt (The Adventures of Mickey Mouse; dort folgender Text: "Mickey has many friends in the old barn... Henry Horse and Carolyn Cow and Patricia Pig and Donald Duck"). Am 9. Juni 1934 war er das erste Mal (als Nebenfigur) im Zeichentrickfilm "The Wise Little Hen" zu sehen. Ab 1937 bekam er einen täglichen Comicstreifen in amerikanischen Tageszeitungen (gezeichnet von Al Taliaferro).


Literatur über Donald Duck

  • Carl Barks, Barks Library (Ehapa Comic Collection), mehrere Bde. (Primärquellen)
  • Grobian Gans, Die Ducks. Psychogramm einer Sippe, Hamburg 1972, S. 51-60 (vulgärdonaldistisch)
  • Henner Löffler, Wie Enten hausen, München 2004, S. 109-124 (vulgärdonaldistisch)
  • Hartmut Holzapfel, Überall ist Entenhausen, Wetzlar 2004, S. 50-59 (donaldistisch)
  • Johnny A. Grote, Der Stammbaum der Ducks, Stuttgart 1999 (donaldistisch)
  • Gottfried Helnwein, Wer ist Carl Barks, Stuttgart 1993, S. 22-67 (undonaldistisch)
  • Donald Duck - 50 Jahre und kein bißchen leise, Remseck 1984 (undonaldistisch)
  • Patrick Bahners, Was ist eigentlich der Herr Duck für einer?, in: Der Donaldist 87, 1994, S. 4-25 (donaldistisch)